Ökosozialer Weg führt aus der Sackgasse
Interview Johann Mössler, Präsident der Landwirtschaftskammer Kärnten im Rahmen der Interviewserie „Chancen sehen“ des Verantwortung zeigen! Netzwerks.
Die Interviewserie lässt uns an den persönlichen Erfahrungen während der Zeit der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 teilhaben und an jenen Perspektiven, die sie für die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft daraus gewonnen haben.
- Was waren die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten Wochen?
Die Krise hat uns die Schattenseiten der Globalisierung vor Augen geführt. Die weltweite Vernetzung macht die Menschheit anfälliger für globale Krisen als viele bisher gedacht haben. Nur durch das beherzte Eingreifen der politisch Verantwortlichen, die eng mit den Experten aus Medizin und Wissenschaft abgestimmt waren, konnte Schlimmeres verhindert werden.
- Was war der wohl prägendste Moment?
Der Moment als ich das erste Mal mit einem Mund-Nasen-Schutz die Landwirtschaftskammer betreten habe, wird mir lange in Erinnerung bleiben. Das Tragen einer Maske war vor der Krise für mich etwas Fremdartiges. Mittlerweile habe ich mich, wie wohl die meisten von uns, etwas daran gewöhnt.
- Was ist das Allerwichtigste, das Sie sich wünschen, dass wir aus der Krise lernen?
Viele Menschen haben in der Krise erkannt, wie unverzichtbar eine krisenfeste Eigenversorgung mit heimischen Lebensmitteln ist. Die ist dank unserer bäuerlichen Landwirtschaft gegeben. Ich hoffe, dass dieses Bewusstsein für den Wert einer regionalen Landwirtschaft anhält und nicht nach der Krise wieder in Vergessenheit gerät.
- Wo braucht es in Wirtschaft und Gesellschaft auch neue Wege?
Die Corona-Krise darf nicht dazu führen, dass wir den Kampf gegen den Klimawandel hintanstellen. Er ist und bleibt die größte Herausforderung unserer Generation. Die jetzt angedachten Wirtschaftshilfen sollten das berücksichtigen. Die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe, die Absicherung einer klimaschonenden heimischen Land- und Forstwirtschaft und der Ersatz von fossilen Energieträgern durch erneuerbare Energieträger stehen dabei für mich dabei an oberster Stelle. Wir müssen einen ökosozialen Weg einschlagen, sonst kommen wir in eine Sackgasse.
- Welches Motto würden Sie der Zeit nach Corona zuschreiben wollen?
„Gemeinsam können wir alles schaffen!“ Wir haben in den letzten Wochen gesehen, was wir als Gesellschaft leisten können wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Das war beeindruckend. Das würde ich mir auch für andere Bereiche auch wünschen.
- Welches Glück haben Sie in den letzten Wochen entdeckt?
Ich bin beruflich sehr viel unterwegs, da muss die Familie oft zurück stecken. Die Corona-bedingten Lücken im Terminkalender habe ich daher für die Familie und für die Arbeit am Hof genutzt. Das hat auch mal gut getan.
07. Mai 2020